VfGH lehnt die Beschwerde von der Universität Wien und Univ.-Prof. Ednan Aslan ab und bestätigt damit die Rechtsansicht des BVwG
Die Islam-Landkarte ist ein Forschungsprojekt von Univ.-Prof. Ednan Aslan an der Universität Wien in Kooperation mit der Dokumentationsstelle Politischer Islam.
Sie soll die Identifikation muslimischer Einrichtungen ermöglichen, die dem „politischen Islam“ zuzurechnen sind.
Auf der Karte werden aber alle muslimischen Einrichtungen in Österreich gezeigt, egal ob sie islamistische Tendenzen haben oder nicht. Damit werden automatisch alle muslimischen Einrichtungen unter Generalverdacht gestellt. Schon durch die undifferenzierte Repräsentation aller Einrichtungen in der Karte, die politischen Islam identifizieren solle, werden sie in die Nähe des politischen Islam gerückt.
Die Veröffentlichungen auf der Website hatten tatsächlich konkrete negative Auswirkungen auf muslimisches Leben. Zum Beispiel haben Rechtsextremisten vor den auf der Website genannten muslimischen Einrichtungen Warnschilder mit folgenden Parolen aufgestellt: „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe. Mehr Infos auf: islam-landkarte.at“.
Die MJÖ wehrte sich gegen die Verwendung ihrer Daten im Rahmen der „Islam-Landkarte“ und der dadurch unterstellten Nähe zum „politischen Islam“.
Das BVwG stellte (wie bereits berichtet: https://medienrechtskanzlei.at/erfolg-fuer-die-muslimische-jugend-oesterreich/) eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz der MJÖ als Dachorganisation und ihrer Landesorganisation als auch ihrer organschaftlichen Vertreter:innen durch die Veröffentlichung der Informationen (u.a. Adressen, ZVR-Nummern) zahlreicher muslimischer Institutionen im Rahmen der Islam-Landkarte fest.
Daher ist die Islam-Landkarte, als interaktive Watchlist von muslimischenInstitutionen, die in die Nähe des politischen Islams gerückt werden sollten, laut dem BVwG nicht zulässig.
Die Universität Wien und Univ.-Prof. Ednan Aslan erhoben gegen diese BVwG Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), es sei die Freiheit der Wissenschaft sowie die Freiheit der Meinungsäußerung verletzt worden.
Keine Behandlung durch den VfGH
Der VfGH (E 2106/2024) lehnte die Behandlung der Beschwerde von der Universität Wien und Univ.-Prof. Ednan Aslan ab. Die Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht sei so wenig wahrscheinlich, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Dies insbesondere vor dem Hintergrund der vom Bundesverwaltungsgericht (gemäß der mit § 1 Abs. 2 DSG) vorgenommenen Abwägung zwischen dem durch das Grundrecht auf Datenschutz gewährleisteten Anspruches auf Geheimhaltung undden sowohl durch die Wissenschaftsfreiheit des Art. 17 StGG als auch die Kommunikationsfreiheit des Art. 10 EMRK gewährleisteten berechtigten Interessen.
Wie geht es weiter?
Die Beschwerde wird nun, wie von der Universität Wien und Aslan beantragt, dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Entscheidung abgetreten. Die Abtretung der Beschwerde löst zunächst nur die Frist für die Erhebung der außerordentlichen Revision an den VwGH aus. Die Universität Wien und Aslan können somit nun nocheine Revision an den VwGH erheben. Dies bleibt abzuwarten.
Abrufbarkeit der Islam-Landkarte
Die Anschriften und ZVR-Zahlen der MJÖ und ihrer Landesgruppen musstenaufgrund der Entscheidung des BVwG aus der „Islam-Landkarte“ entfernt werden.Sowohl die ZVR-Zahlen als auch die Adressen der MJÖ und ihrer Landesgruppen wurden gelöscht und sind nicht mehr abrufbar.
Die Islam-Landkarte ist aber weiterhin abrufbar.
Auf der Karte scheinen noch der Ort (Bezirk), das Gründungsdatum, eine Kurzbeschreibung und die ungefähren Adressen der MJÖ und ihrer Landesgruppen auf. Die Institutionen sind also trotz der Löschung der Daten teilweise nach wie vorerkennbar, weil ein Pin das Gebäude, in welchem sich die jeweilige Institution befindet, weiterhin markiert.
Die Veröffentlichung der ungefähren Adressen durch die Pins in die Gebäude, stellt uE weiterhin einen Verstoß gegen das Recht auf Datenschutz der Institutionen dar. Ein rechtliches Vorgehen gegen diese Abrufbarkeit wird derzeit von der MJÖ und ihren Landesgruppen geprüft.
Das BVwG hielt bereits fest, dass die Veröffentlichung der Adressen nicht verhältnismäßig war. Dem Zweck der geografischen Verortung muslimischer Einrichtungen wäre ebenfalls hinreichend entsprochen worden, wenn nur die Bundesländer angegeben worden wären. Dementsprechend kann die Veröffentlichung der ungefähren Adressen uE auch nicht verhältnismäßig sein.
Die Adressen und ZVR-Nummern anderer Einrichtungen, die sich nicht gegen die Datenverwendung gewehrt haben, sind im Übrigen weiterhin abrufbar und wurden nicht entfernt. Es wurden nur die Adressen und ZVR-Zahlen der MJÖ und ihrer Landesgruppen gelöscht.
Auch wenn die entsprechenden Einrichtungen und ihre organschaftlichen Vertreter:innen den Gerichtsweg nicht bestritten haben, werden sie wegen der andauernden Abrufbarkeit in ihrem Recht auf Datenschutz verletzt.