Zwei Entscheidungen des Wiener Straflandesgerichtes werfen in diesen Tagen Fragen auf, weil zwei Richter in zwei sehr ähnlichen Fällen zwei sehr unterschiedliche Entscheidungen getroffen haben. Im Mittelpunkt beider Fälle steht der Corona-Leugner Martin Rutter. In einem Fall ist dem „Profil“ der Wahrheitsbeweis gelungen: laut Urteil darf es ihn daher als Verschwörungstheoretiker bezeichnen – und auch als Rechtsextremisten. Im zweiten ähnlich gelagerten Fall geht es um den „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk, welcher in einem Facebook-Posting Rutter als Rechtsextremisten bezeichnete. Da entschied Richter Hartwig Handsur anders, und zwar sollte Klenk 1500 Euro Entschädigung an Rutter zahlen, denn bei der Verwendung von Bezeichnungen wie „rechtsextrem“ oder „Verschwörungstheoretiker“ müsse man den Lesern auch die nötigen Informationen mitteilen, um diese Aussagen nachvollziehbar zu machen. „War es früher ausreichend, einen Tatsachenbeweis vor Gericht zu erbringen, so muss man ihn nun im Bericht selbst vorlegen – also immer längere Abhandlungen schreiben.“ Die zwei Fälle würden zeigen, dass Medienrechtsentscheidungen „eine Lotterie geworden“ sind, sagt Klenk weiter. Das Wort „Lotterie“ hält Medienanwältin Maria Windhager allerdings für übertrieben. Denn die beiden Rutter-Fälle seien nicht eins zu eins vergleichbar, da das Wort „rechtsextrem“ im „Profil“ Artikel gar nicht vorgekommen sei. Das Urteil zu Klenk hält Windhager aber für falsch: denn es entspreche nicht der ständigen Rechtsprechung, dass die Begründung für die Wertung im Posting stehen muss, dies wurde auch vom EGMR klargestellt. Wenn die Aktivitäten Rutters öffentlich bekannt sind oder darüber bereits berichtet wurde, könne man sie „als notorisch voraussetzen“, also als allgemein bekannt angesehen werden.