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Beschlagnahme

Rasche Löschung von rechtswidrigen Äußerungen

Beschlagnahme: Rasche Löschung von unwahren Behauptungen auch im selbständigen Entschädigungsverfahren (§ 8a MedienG) möglich? Jetzt ist der Mediensenat des Obersten Gerichtshofs am Zug!

Werden unwahre Behauptungen über jemanden verbreitet oder wird jemand Opfer von Hass im Netz, so ist eines der wichtigsten Mittel, mit denen man sich zur Wehr setzen kann, der sogenannte Einziehungsantrag im Medienverfahren. Damit können verletzende Inhalte über eine gerichtliche Anordnung aus dem Internet entfernt werden. Bekanntlich beeinträchtigt die fortdauernde Abrufbarhaltung, die meist auch eine starke Verbreitung der verletzenden Inhalte zur Folge hat, die Persönlichkeitsrechte besonders schwer.

Ein Antrag auf Einziehung kann in einem Strafverfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts gestellt werden, er kann aber auch unabhängig von einem solchen Verfahren als selbstständiger Antrag gestellt werden.

Außerdem stellt das MedienG Betroffenen auch noch einen Antrag auf vorläufige Einziehung, die sogenannte Beschlagnahme, zur Verfügung, die es ermöglicht, inkriminierte Beiträge schon vor der Entscheidung des Gerichts über den Einziehungsantrag, löschen zu lassen. Die Beschlagnahme ist ein in der Praxis wichtiges Hilfsmittel, um inkriminierte Beiträge und Äußerungen möglichst schnell löschen lassen zu können.

Nachdem in einem österreichischen Online-Medium der falsche Vorwurf erhoben wurde, dass ein Wiener aufgrund von Insiderwissen aus der Politik zu Unrecht vorteilhafte Geschäfte abgeschlossen habe, brachte dieser medienrechtliche Anträge in einem selbständigen Entschädigungsverfahren nach § 8a MedienG ein und beantragte nicht nur die Einziehung des inkriminierten Inhaltes gemäß § 33 Abs2 iVm § 36a MedienG, sondern auch die Beschlagnahme gemäß § 36 iVm § 36a MedienG, um die unrichtige Berichterstattung möglichst schnell aus der Welt zu schaffen.

Das LG für Strafsachen Wien gab dem Antrag des Betroffenen gemäß §§ 36 iVm 36a MedienG Folge und ordnete die Löschung binnen 10 Werktagen an.

Das OLG Wien gab aber der dagegen von der Medieninhaberin erhobenen Beschwerde Folge: Der selbständige Einziehungsantrag nach § 33 Abs 2 MedienG (und somit auch ein Antrag auf Beschlagnahme) könne zwar mit einem (unselbständigen) Antrag auf Entschädigung verbunden werden, nicht aber mit einem Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung im selbständigen Entschädigungsverfahren nach § 8a MedienG. Die Möglichkeit, im selbständigen Entschädigungsverfahren einen Antrag auf Beschlagnahme zu stellen, bestehe laut OLG Wien daher nicht.

Konträr zur Ansicht des OLG Wien vertrat der Großteil der Literatur schon bisher den richtigen Standpunkt, dass ein selbständiges Einziehungsverfahren gemäß § 33 Abs2 MedienG sehr wohl mit einem selbständigen Entschädigungsverfahren gemäß § 8 Abs 2 zweiter Satz MedienG iVm § 8a MedienG verbunden und die diesbezüglichen Ansprüche parallel zueinander geltend gemacht werden können.

Die gegenteilige Ansicht wäre unschlüssig und würde offenkundig dem Zweck des MedienG zuwiderlaufen. Die Rechtsansicht des OLG Wien würde dazu führen, dass Betroffene – außerhalb eines Straf- bzw. Privatanklageverfahrens – entscheiden müssten, ob sie entweder ihren Entschädigungsanspruch im selbstständigen Medienverfahren oder ihren Anspruch auf Beschlagnahme (§ 36 MedienG) geltend machen wollen. Dadurch würden Betroffenen willkürlich und nicht sachgerecht bei der Durchsetzung ihrer gesetzlich verankerten Ansprüche behindert werden, vor allem, weil die Beschlagnahme als eines der effizientesten Mittel, mit denen sie sich gegen verletzende oder unrichtige Inhalte im Internet zur Wehr setzen können, nicht in einem selbständigen Entschädigungsverfahren beantragt werden könnte.

Der Betroffene regte daher aufgrund des Urteils des OLG die Generalprokuratur an, gemäß § 23 StPO eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu erheben, um die unrichtige Rechtsansicht des OLG Wien prüfen zu lassen.

Diese Anregung wurde durch die Generalprokuratur aufgegriffen, die festhielt, dass die Rechtsansicht des OLG nicht mit dem Gesetz im Einklang stehe: Auch die Generalprokuratur betrachtet die Stellung eines selbständigen Antrags auf Einziehung iSd § 33 Abs 2 MedienG im selbstständigen Verfahren gemäß § 8a MedienG als zulässig und bestätigt, dass damit auch die Anordnung einer Beschlagnahme gemäß § 36 Abs 1 MedienG in Betracht komme.

Die Generalprokuratur erhob daher gemäß § 23 Abs 1 StPO die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes und beantragte die Durchführung eines Gerichtstags zur öffentlichen Verhandlung, der am 22.01.2025 stattfinden wird.

Abzuwarten bleibt nun, welche Rechtsansicht der Oberste Gerichtshof vertreten wird.

Literatur

Rami in Höpfel/Ratz, WK2 MedienG § 33 Rz 17/2;

Heindl in Berka/Heindl/Höhne/Koukal (Hrsg), Mediengesetz Praxiskommentar4 (2019) § 36 MedienG;

Schroll/Oshidari in Fuchs/Ratz, WK StPO (2020) § 23.

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