Maria Windhager und Florian Scheuba vor dem Verhandlungssaal
© Denise Auer / Heute
Holzer / Scheuba

Prozess gegen Kabarettisten Florian Scheuba wurde wiederholt

Der Kabarettist Florian Scheuba hat in seiner satirischen Kolumne im Standard vom 23.09.2021 einen „Denkanstoß für Denkmäler“ geliefert. Er machte sich dafür stark, dass den Machern des Ibiza-Videos sowie dem damaligen Leiter des Büros zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Bundeskriminalamt sowie nunmehrigem Leiter des Bundeskriminalamts Andreas Holzer ein Denkmal gesetzt werden soll, da erst durch ihren Einsatz die Schwarz-Blaue Regierung abtreten musste.

Holzer kam dadurch ins Spiel, dass die Ibiza-Video-Macher mehrmals betont haben, dass sie erst aufgrund der fehlenden Ermittlungen gegen Strache im Jahr 2015 auf die Idee gekommen waren, das Video zu drehen. Damals wurden vom Ibiza-Anwalt M. umfangreiche Vorwürfe erhoben und angeblich auch belastendes Material über den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vorgezeigt, was von Holzer bestritten wird. Von diesem Gespräch wurde ein nachweislich unvollständiger Aktenvermerk angelegt.

Holzer blieb jedenfalls weitgehend untätig, es wurde auch von der Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Diese „Arbeitsverweigerung“ habe die Erstellung des Ibiza-Videos ausgelöst. Für Florian Scheuba eine „rätselhafte Untätigkeit“ und „folgenschwere Arbeitsverweigerung“, für den Leiter des Bundeskriminalamts ist dieser Vorwurf eine üble Nachrede. Ihm würde durch diese Aussagen unterstellt werden, dass er von gerichtlich strafbaren Verhaltensweisen von Heinz-Christian Strache gewusst habe, aber dennoch nicht die gebotenen Handlungen – insbesondere eine Anzeige nach § 78 StPO – gesetzt habe. Folglich würde ihm fälschlicherweise ein gerichtlich strafbares Verhalten unterstellt werden, was eine üble Nachrede darstellen würde.

Andreas Holzer brachte eine strafrechtliche Privatanklage gegen Florian Scheuba und medienrechtliche Anträge gegen den Standard ein. Im ersten Rechtsgang wurde Florian Scheuba freigesprochen und die medienrechtlichen Anträge gegen denStandard abgewiesen. Es liege ein ausreichendes Tatsachensubstrat für die Äußerung der rätselhaften Untätigkeit vor, außer der Erstellung eines unvollständigen Aktenvermerks und der erfolglosen neuerlichen Kontaktaufnahme zu dem Anzeiger, habe Holzer keine Ermittlungsschritte gesetzt. Die Grenzen zulässiger Kritik in der öffentlichen Diskussion an einem Spitzenbeamten öffentlichen Interesses seien weiter.

Der Prozess musste aber in weiterer Folge wiederholt werden, da das OLG Wien das erstinstanzliche Urteil aufhob. Nach Ansicht des OLG Wien würde der Leser:innenkreis der Kolumne die Äußerungen trotz Kenntnis über die Tätigkeit von Scheuba (Kabarettist) „als Vorwurf der auch subjektiv geprägten und damit gezielten Verweigerung eines Polizeibeamten, die geforderten und erwarteten sowie tatsächlich gebotenen und nötigen Ermittlungsschritte zu setzen“, verstehen. Diese Vorwürfe seien als Tatsachenbehauptungen und nicht als Werturteile zu qualifizieren. Es müssten daher noch weitere Beweise zu den Kontakten und Korrespondenzen zwischen Holzer und der Staatsanwaltschaft aufgenommen werden, um beurteilen zu können, ob der Wahrheitsbeweis für die Äußerung erbracht werden kann.

Dieser Bedeutungsinhalt widerspreche der Einschätzung des Erstgerichts, wonach Scheubas Aussage als zulässige und satirische Kritik an der auch für Strafrechtsexpert:innen nicht nachvollziehbaren Untätigkeit der Exekutive einzustufen ist.

Wie vom OLG Wien aufgetragen, wurden im zweiten Verfahrensgang weitere Zeug:innen einvernommen. Die Richterin ging der Frage nach, welche Informationen Holzer hatte und was er aufgrund dieses Wissensstands hätte tun müssen. Wie bereits im ersten Durchgang kamen es dabei zu einigen Widersprüchen zwischen den Angaben der Zeugen und des Privatanklägers darüber, welchen Informationsstand Holzer hatte.

Im Februar 2024 wurde Scheuba im zweiten Rechtsgang am Straflandesgericht Wien nicht rechtskräftig zu einer teilbedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen á 70 Euro. Von den insgesamt 7.000 Euro müsste er, wenn das Urteil rechtskräftig wird, aber nur die Hälfte bezahlen, der zweite Teil wird auf ein Jahr bedingt nachgesehen.

In der mündlichen Begründung führte die Richterin aus, dass er nicht den Wahrheitsbeweis für die Behauptung erbracht habe, Holzer habe nicht genügend ermittelt. Diese Unterstellung stelle eine üble Nachrede dar. Hinsichtlich der Frage, wie die Kolumne und die relevanten Passagen zu interpretieren seien, sah sich die Richterin an die Auslegung des Bedeutungsinhalts durch das OLG Wien gebunden.

Auch der Standard wurde medienrechtlich zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags an Holzer verurteilt. Er muss Holzer eine Entschädigung von je 1.500 Euro für die Veröffentlichung in der Zeitung und auf der Internetseite leisten und das Urteil veröffentlichen.

Scheuba und der Standard haben volle Berufung angemeldet. In einer funktionierenden Demokratie darf eine satirische Kolumne eines Kabarettisten nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen übler Nachrede führen. Scheuba hatte weder die Intention Holzer die Begehung eines Amtsmissbrauchs zu unterstellen, noch wird dieser Vorwurf durch den satirischen Text tatsächlich hergestellt. Das Urteil stellt eine massive Verletzung der Meinungs- und Kunstfreiheit dar.

Wir werden gemeinsam mit Florian Scheuba und dem Standard neuerlich das OLG Wien in dieser Sache anrufen. Derzeit warten wir auf die Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung.

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