Am 12.04.2024 veröffentlichte die Kabarettistin Marina Lacković alias Malarina auf ihrer Facebook-Profilseite einen Beitrag zur BVT-Reform 2019. Thema war die Rolle der FPÖ und Aussagen von Herbert Kickl. Egisto Ott, ehemaliger Beamter des österreichischen Verfassungsschutzes, wurde darin nur am Rande erwähnt – als möglicher Kandidat für eine Funktion im BVT – und dabei als (mutmaßlicher) „russischer Ex-Agent“ bezeichnet.

Im Beitrag wurde ein Chat zwischen ehemaligem FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein und Ott sowie Kickls Aussagen im U-Ausschuss zitiert. Die Bezeichnung von Egisto Ott als (mutmaßlicher) „russischer Ex-Agent“ fiel im Rahmen einer politischen Einordnung. Der Fokus lag klar auf der politischen Verantwortung, nicht auf Ott als Person.
Am 8.3.2025 teilte der Pensionist Edgar F. den Beitrag auf Facebook und kommentierte ihn mit „Kickl: Kann sein oder auch nicht 😂“. Ott nahm dies zum Anlass, am 11.03.2025 medienrechtliche Anträge gegen F. beim LG für Strafsachen Wien einzubringen. Das Verfahren endete am 31.07.2025 in erster Instanz. Ott erhielt € 500,00 Entschädigung. Das Gericht sah §§ 6 und 7b MedienG verwirklicht.
Am selben Tag klagte Ott Herrn F. vor dem Handelsgericht Wien auf Unterlassung. Sein Ziel: die Verbreitung weiterer Beiträge zu verbieten, in denen er im Zusammenhang mit der BVT-Reform 2019 als (mutmaßlicher) „russischer Ex-Agent“ bezeichnet wird.
Am 27.03.2025 beantragte Ott zusätzlich eine einstweilige Verfügung mit identem Inhalt, die am 30.05.2025 vom Handelsgericht erlassen wurde. Herr F. bekämpfte sie nicht. Mit Urteil vom 16.09.2025 wurde Herr F. zur Unterlassung und zum Kostenersatz verpflichtet.
Gegen Marina Lacković leitete Ott erst am 20.06.2025 ein Verfahren ein – diesmal nicht vor dem Handelsgericht, sondern vor dem Bezirksgericht, und begehrte einen Unterlassungsauftrag nach § 549 ZPO wegen angeblich erheblicher Persönlichkeitsrechtsverletzung in einem elektronischen Kommunikationsnetz.
Warum Ott gegen Frau Lacković ein anderes rechtliches Vorgehen wählte als gegen Herrn F., bleibt unklar. Ebenso unverständlich erscheint die Reihenfolge: Zuerst wird ein Pensionist mit 189 Followern geklagt, dann die ursprüngliche Autorin des Beitrags.
Die vorbereitende Tagsatzung im Verfahren gegen Frau Lacković sollte am 19.08.2025 stattfinden. Am 08.08.2025 beantragte Ott, das Verfahren zu unterbrechen, und teilte mit, dass er auch Privatanklage gegen Frau Lacković erhoben hat. Am 12.08.2025 hat das Bezirksgericht ohne nähere Begründung die vorbereitende Tagsatzung abberaumt.
Am 06.08.2025 hat Ott seine Privatanklage eingebracht. Er beantragt die Verurteilung von Frau Lacković wegen übler Nachrede und fordert eine Entschädigung nach dem Mediengesetz sowie weiteren immateriellen Schadenersatz in Höhe von € 10.000,00 wegen einer angeblichen Datenschutzverletzung. Frau Lacković wird sich gegen den Unterlassungsauftrag wehren, sie sieht durch den Vorwurf in ihrem Posting die Grenzen des Zulässigen nicht überschritten. Die Hauptverhandlung findet am 24.11.2025 im Landesgericht für Strafsachen Wien statt.
Am Freitag, den 29.08.2025, wurde wegen eben diesem Vorwurf gegen Ott Anklage erhoben. Offenbar ist die Staatsanwaltschaft Wien davon überzeugt, dass die bisherigen Ermittlungsergebnisse eine Verurteilung sehr wahrscheinlich machen.
Eine diesbezügliche Verhandlung wurde noch nicht anberaumt. Es bleibt spannend.